Als dann Krishna etwas älter wurde und je nach Schrift, die man dort nimmt, manche behaupten, er war irgendwie so acht oder zehn Jahre alt, in anderen, späteren Schriften war er dann doch irgendwo so im Teenageralter, dort verliebten sich alle Gopis in Krishna. Und sie gingen dann jeden Morgen zum Fluss und gingen dort zwei Stunden lang in den Fluss und wiederholten ein bestimmtes Mantra, um Krishna zu ihrem Mann zu gewinnen. Gut, heute gibt es Flirtschulen und es gibt Partnerschaftsbörsen und vieles andere. In der damaligen Zeit, wenn man jemanden bekommen wollte, dann hat man eben ein Mantra rezitiert. Und wenn man das früh morgens, zu Brahma Muhurta, rezitierte, dann galt das als besonders wirksam und wenn man noch dazu dabei in einem Fluss war, hüftweit oder noch bis zur Kehle, der besonders kalt war, dann galt das als besonders wirkungsvoll. Und jetzt war eben das Paradoxe, die ganzen Gopis, also die Kuhhirtinnen, im Dorf, die waren dort alle im Wasser, nebeneinander, einträchtig nebeneinander, wiederholten alle das Mantra mit dem einen Wunsch, dass Krishna irgendwann ihr Mann werden würde. Und eines Tages kam dort Krishna entlang am Ufer des Flusses und die Gopis hatten ja alle die Kleider ausgezogen und die waren am Flussufer. Krishna nahm all diese Kleider, machte dort ein Bündel draus und ging dann auf einen Baum und fing an, mit der Flöte zu spielen. Und die Gopis, sowie sie den Ruf der Flöte hörten, gerieten ganz in Verzückung und wollten irgendwie zu Krishna hin. Und dann sahen sie Krishna und dann, diese transzendente Musik, die da war. Und dann wollten sie ans Ufer gehen und sahen, da waren die Kleider nicht mehr. Und dann sagten sie: „Oh Krishna, gib die Kleider dort runter und drehe dich zur anderen Seite, sodass wir den Fluss verlassen können.“ Und Krishna sagte: „Ihr müsst euch die Kleider schon selbst holen.“ „Aber wie?“ Da sagte er: „Kommt jetzt raus!“ Und dann sagte sie: „Das geht doch nicht. Wir werden das deiner Mutter sagen.“ Sagte er: „Könnt ihr gerne machen, aber erst müsst ihr rauskommen.“ Und dann kamen sie so langsam raus und bedeckten so mit den Händen ihre Blöße. Dann sagte Krishna: „Ihr müsst eure Hände nach oben geben.“ Was blieb ihnen anderes übrig, sie kamen dort raus. Und dann sagte Krishna: „Ihr wollt mich zum Mann haben, aber wisst ihr, ich bin nicht dieser Körper, ich bin nicht ein normaler Mensch. Wenn ihr mich haben wollt, dann müsst ihr über eure Körperidentifikation hinausgehen. Der Grund, weshalb ich euch das habe machen lassen, war jetzt nicht etwas Eigenartiges, sondern es sollte etwas sein, dass ihr über diese Körperidentifikation hinauskommt.“ Und dann sagte Krishna: „Beim nächsten Vollmondstag, dort werde ich mit der Flöte rufen und dann könnt ihr kommen. Und dann werdet ihr Einheit mit mir erfahren können.“ Jetzt, die ganzen Gopis konnten den Tag nicht mehr erwarten, sie wussten nicht genau, was sein würde. Jetzt gab es noch dazu eigenartigerweise nicht nur die Gopis, die eben noch jung waren, unverheiratet. Das sprach sich rum und jetzt alle, auch die verheirateten Gopis, sie alle wollten irgendwo zu Krishna hinkommen. Und dann warteten sie alle und dann hörten sie plötzlich den Klang der Flöte. Und alle Männer im Dorf schliefen ein und alle Frauen wurden geholt, wurden angelockt durch den Klang der Flöte und sie kamen dort hin. Und dann fingen sie an, zu tanzen. Und plötzlich hatte jede das Gefühl, dass Krishna mit ihr tanzte. Es gibt da so schöne Bilddarstellungen, wo dann plötzlich zig Krishnas dort sind und jeder Krishna tanzte mit einer Gopi und es war irgendwie, man sagt, das Spiel der individuellen Seele mit der kosmischen Seele, aber auf eine wonnevolle, auf eine freudevolle Weise. Und irgendwann dachte dann jede der Gopis: „Ah, Krishna ist nur mit mir. Er muss mich doch mehr lieben als alle anderen.“ Und so wie die Gopi das dachte, in dem Moment war Krishna weg. Das ist so auch ein Prinzip, wenn wir mal eine höhere spirituelle Erfahrung haben, voller Wonne, in tiefer Meditation, wenn wir dann denken, „ah, jetzt habe ich es erreicht und ich bin doch besser“, in dem Moment haben wir es verloren. Es gab nur eine einzige, die nicht dieses Gefühl hatte, die einfach rein diese Verbindung und Nähe mit Krishna genoss und die hieß Radha. Und deshalb gilt Radha als die Beste aller Gopis. Sie blieb mit Krishna verbunden, weil sie nicht dachte, sie wäre jemals von Krishna getrennt. Obgleich, zwischendurch gibt es auch so eine, vielleicht etwas eigenartige, Geschichte. Irgendwann sagte Radha: „Mit mir bist du ja ab und zu mal zusammen, aber die Flöte, die ist ständig an deinem Mund.“ Und dann sagte Krishna: „Die Flöte ist ja auch hohl und will nichts. So kann ich jederzeit auf ihr spielen. Währenddessen, du hast immer wieder auch eigene Wünsche und du fühlst dich getrennt von mir. Währenddessen, die Flöte hat kein solches Gefühl.“ Dann, nach diesem Rasa Lila, sagte Krishna am nächsten Morgen: „Jetzt werde ich euch verlassen. Und ich werde euch in dieser Inkarnation nicht wiedersehen. Jetzt müsst ihr von diesem Bhava Samadhi der reinen Wonne zu Nirvikalpa Samadhi kommen und mich erfahren als euer eigenes Wesen in eurem Herzen, in eurem wahren Selbst.“ Die Gopis waren zunächst tief traurig und sie weinten. Es gibt so rührende Bilder, wo dann ihr Make up verrinnt, zusammen mit den Tränen, und die Kleider zerrissen und die Haare zerzaust. Das zeigt auch, wenn wir mal eine Sarvikalpa Vision von Gott haben, also Gott vielleicht in einer Gestalt sehen, mit Wonne sehen, eine Vision haben, ist das unglaublich schön. Und dann kann es aber sein, dass Gott sich wieder von uns entfernt. Und wenn man einmal eine solche Wonne, eine solche Liebe, eine solche Nähe, eine solche Bewusstseinserweiterung erfahren hat und dann ist sie plötzlich weg, das ist erst mal ganz grässlich. Aber Gott in seiner Gnade oder Göttin oder wie auch immer man es ausdrücken will, macht dies, damit wir uns nicht verhaften an diesen relativen Aspekt. Wonne und Liebe ist zwar schön, und natürlich ist es etwas Großartiges, dieses Bhava Samadhi, Sarvikalpa Samadhi, aber es ist noch nicht alles. Und wir dürfen uns nicht in dieser Wonne irgendwie verlieren, sondern müssen zum Höchsten kommen, zur Erfahrung der Einheit, und dazu muss Gott sich erst mal wieder verbergen. Es gibt dort viele Mystiker, von denen solche Geschichten erzählt werden. Krishna ging dann weiter und er regierte dann das…
(Unbearbeitete Niederschrift eines Vortrags von Sukadev Bretz an Krishna Jayanthi)