Eine andere, ähnliche Geschichte war mit Draupadi. Draupadi war die Frau von Arjuna und seinen vier Brüdern. Das sind schon eigenartige Beziehungen, die die dort hatten. Zum einen Draupadi, die hatte eben fünf Männer, aber Arjuna hatte noch, ich glaube, zwei andere Frauen, der Bhima hatte auch noch eine andere Frau, der Yudhisthira allerdings nicht. Es war ein sehr komplexes Beziehungsgeflecht dort. Aber es heißt, dass die das irgendwie harmonisch hingekriegt haben. Aber gehen wir jetzt nicht dort zu weit. Jedenfalls, die Draupadi war die Hauptfrau der Pandavas. So ähnlich wie, Arjuna war der Hauptmann von Draupadi. Und diese Draupadi, der wurde irgendwann übel mitgespielt und zwar wurde sie an den Königshof zu Duryodhana gebracht und irgendwie gab es dort ein Würfelspiel und der Yudhisthira verlor alles Mögliche. Und dann hat der Duryodhana gesagt: „So, jetzt bist du, Draupadi, meine Sklavin.“ Und er ließ die Draupadi runterholen von ihren Gemächern und sagte dann: „Als Zeichen, dass du meine Sklavin bist, wirst du jetzt öffentlich entkleidet.“ Und die Draupadi, die ja Königstocher war, die wandte sich an alle dort am Hof. Das war ja öffentlich am Hof und eigentlich war Duryodhana kein absoluter König. Er hatte sich zwar irgendwo tyrannisch dazu aufgeschwungen, aber er war das nicht wirklich. Und so rief Draupadi die anderen im Senat und im Ältestenrat an: „Das könnt ihr doch nicht zulassen.“ Und sie alle waren betreten und schwiegen, sie wussten nicht, was sie machen sollten. Schließlich sagte Draupadi: „Oh Krishna, du bist meine einzige Zuflucht.“ Krishna war nicht anwesend, er war eben wo ganz anders, ein paar hundert oder paar tausend Kilometer weg, aber Draupadi sagte: „Krishna, ich wende mich ganz an dich. Du bist meine einzige Zuflucht.“ Und sie hob ihre Arme und dann gebot Duryodhana seinen Dienern, ihr den Sari herunter zu wickeln. Und als sie den Sari herunter gewickelt hatten, war ein Sari darunter. Sie wickelten den auch noch weg und dann war ein nächster Sari darunter. Und irgendwo, nachdem dann der halbe Hof dort voller Saris war – wäre vielleicht eine moderne Produktionsstätte gewesen. Jedenfalls, der Duryodhana sah das jetzt nicht so und vor allem die Ältesten kamen aus ihrer Lähmung heraus und der Vater von Duryodhana, der Dhritarashtra, der sagte dann auch: „Entschuldige bitte“ – jetzt konnte er es plötzlich sagen – „Entschuldige bitte das Unrecht, das mein Sohn dir angetan hat. Vergib uns und geh in allen Ehren. Und deine Männer, die kannst du auch alle mit nach Hause nehmen.“ Die hatte er nämlich inzwischen auch alle versklavt.
Und so heißt diese Geschichte auch wieder, letztlich unsere letzte Zuflucht ist Gott. Und manchmal werden uns alle Zufluchten genommen, sodass wir dann sagen: „Oh Gott, dein Wille geschehe.“ Natürlich, es muss jetzt uns nicht so dramatisch gehen wie Draupadi und es muss uns nicht so dramatisch gehen wie der Kunti oder wie Devaki. Eigentlich ist schon, viele Frauen in Krishnas Leben, die hatten eben kein leichtes Leben. Das finden wir ja auch ähnlich, Jesus hat ja viele Ähnlichkeiten wie Krishna. Schon der Name Christus und Krishna. Es gibt manche, die sagen, zwar heißt Christus, der Gesalbte, aber es gibt manche, die sagen, um die Zeit von Christus Geburt gab es einige buddhistische Missionare, es gab Hindumissionare in Alexandrien und anderen Städten, vor allen Dingen gab es dort viele Kaufleute, und da wurde irgendwo, weil die diese Geschichten erzählt hatten, die den Geschichten von Jesus sehr ähnelten, wurde befürwortet, dass dann Jesus auch Christus genannt wird, wie Krishna. So diese Geschichte von den Babys, die umgebracht wurden. Man weiß allerdings heutzutage ganz sicher, dass Herodes keine Kinder umgebracht hatte. Das wäre in der Antike ein solcher Skandal gewesen und dermaßen furchtbar, das hätten auch die Römer, als die Besatzungsmacht, nicht zulassen können. Herodes war ja ein König von Roms Gnade, das hätte dort nicht gepasst. Also, das gab es nicht. Und so gibt es auch wieder die Theorie, dass dort einfach Teile der Geschichten von Krishna in die Jesus-Geschichten mit eingeflochten worden sind. Ob dem jetzt tatsächlich so ist, ist jetzt eine andere Sache. Es gibt ja auch vieles, was nachher reingeschrieben wurde, weil es irgendwo lehrreich ist. Oder von den Evangelisten, von denen ja selbst keiner den Jesus gekannt hatte, heißt es ja, dass sie vom Heiligen Geist inspiriert wurden und dann, natürlich kann das Leben dann entsprechend so eingegeben worden sein. Vom Standpunkt von Vedanta spielt ja jetzt die historische Authentizität sowieso keine allzu große Rolle, denn die Welt ist Maya, Mitya, Einbildung, Traum, und ob sie jetzt so ganz korrekt so ist oder noch ein anderer Traum, spielt nicht die große Rolle. Aber auch bei Jesus ist es auch wieder so, auch er hatte, ähnlich wie Krishna, eine Menge von Frauen, die eine besondere Rolle hatten, und ähnlich wie bei Krishna war es auch die Mutter. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn man z.B. weiß, bei Buddha spielte die Mutter nicht die große Rolle oder bei vielen anderen. Aber hier eben auch, und die musste auch leiden und viele andere auch. Aber das soll auch ein Trost sein. Und insbesondere soll es vor einem Aberglauben beschützen. Manche Menschen denken, wenn sie nur ausreichend spirituell wären, dann dürfte es keine Katastrophen geben, dann dürfte man nie krank werden, dann dürfte es keine äußeren Katastrophen geben usw. Aber wenn wir die ganzen Geschichten anschauen, ist gibt solche, die ein glückliches Leben führten von Jugend bis zum Alter, aber die Mehrheit der göttlichen Inkarnationen hatte kein einfaches Leben und die Mehrheit ihrer Schüler auch nicht. Und das kann uns immer ein Trost sein. So wie letztlich auch Jesus dann irgendwo gesagt hatte in den Evangelien: „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Und so können wir lernen, in der Welt gut zurechtzukommen, wir können lernen, unser Leben so glücklich, wie möglich, zu gestalten und das ist ja das Besondere letztlich am ganzheitlichen Yoga, wo wir auch probieren, ein gesundes Leben zu führen, Asana, Pranayama, Entspannung und richtige Ernährung. Wir wollen es lernen, auf einer emotionalen und geistigen Ebene harmonisch zu sein, harmonisch mit uns selbst, mit anderen umzugehen. Wir wollen es lernen, unseren Mann, unsere Frau auch im Alltag zu stehen. Das bekannteste Buch von Swami Sivananda, mindestens zu seinen Lebzeiten meist verkaufte Buch, hieß „Erfolg im Leben und Selbstverwirklichung“. Also, dieses Konzept, ein spirituelles Leben kann sich auch durchaus darin beweisen, dass der Geist stark wird, dass man auch im weltlichen Leben Erfolg hat. Nur, es gibt eine Gefahr in diesem ganzheitlichen Yoga. Die Gefahr ist nämlich, dass man diese anderen Aspekte von Gesundheit, emotionellen Wohlbefinden, von Erfolg, von befriedigenden Beziehungen usw., das man die verabsolutiert und zur Messlatte macht für die Verwirklichung. Aber dem ist nicht so. Und so haben die großen Meister, die diesen ganzheitlichen Yoga gelehrt haben, eben gesagt, auf der einen Ebene ist es gut, auf der relativen Seite des Lebens sich zu entwickeln, aber auf einer anderen Ebene sollten wir uns bewusst sein, die relative Ebene ist nie vollkommen entwickelt. Und auf einer relativen Ebene geschieht – man kann sagen – das Leben und ermöglicht nicht das, was wir denken, was wir gerne hätten. Der Körper hat seine Grenzen, er wird niemals ganz gesund sein. Auch die Psyche hat ihre Grenzen und vor der Verwirklichung wird keiner von psychischen Beschwerden frei werden. Und selbst die großen Meister sind nicht immer ein Ausbund von geistiger Ausgeglichenheit. Das braucht euch jetzt nicht zu schockieren. Sie haben weiter ihr Temperament, aber es ist nicht so, dass sie deshalb jetzt psychisch gestört wären. Aber sie sind nicht das, was man – wenn man es jetzt von einem rein psychologischen Ideal nehmen würde – sie sind jedenfalls keine wandelnden Statuen, sondern jeder Meister hat auch seinen Charakter. Und wenn wir jetzt warten wollten, bevor wir die Verwirklichung machen, bis wir alle psychischen Probleme überwunden haben, dann kann das noch viele tausend Inkarnationen dauern. So ist es gut, zu schauen, die psychischen Probleme zu überwinden, es ist gut, zu schauen, ein gesundes Leben zu führen, aber wir brauchen weder gesund zu sein noch psychisch gesund zu sein, um die Selbstverwirklichung zu erreichen. Wenn wir mit unserer Bewusstheit den physischen Körper und die Verhaftung an die Persönlichen transzendieren, dann haben wir das Höchste erreicht. Und dann nutzen wir Körper und Geist, um weiter in dieser Welt zu wirken.