Zum zweiten, die Antizipation des Verlustes. Wir haben etwas, wir wissen, es wird irgendwann gehen. Also leiden wir schon im Voraus. Oder die Dinge gehen einfach schon. Wenn wir das wissen, dann brauchen wir eigentlich nicht mehr zu leiden. Angenommen, wir denken, die Dinge müssten so sein, wie wir sie gerne hätten, erstens, und zweitens müssten sie auch so bleiben, wie wir sie gerne hätten, dann ist das Leiden vorprogrammiert. Erstens passieren die Dinge manchmal nicht so, wie wir sie gerne hätten und wenn sie so passieren, wie wir sie gerne hätten, dann, entweder sie bleiben nicht so oder wir stellen fest, „so toll ist es auch nicht“. Also, diese Veränderung nicht nur der äußeren Dinge, sondern auch der Gemütszustände. Und so ist stattdessen diese Shiva-Nataraja-Einstellung des Tänzers: Dinge kommen, Dinge gehen, die Herausforderung kommt, die nächste kommt. Mal ist das Leben ein bisschen schneller, mal ist es langsamer. Jetzt durchaus die klassische Musik hat ja auch bestimmte Schönheiten. So wie ja auch Sundaram das ja letztlich auch aufgreift. Es gibt ruhigere Mantras, „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya“ oder es gibt schnellere, „Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya, Om Namah Shivaya“. Es gibt schöneres Singen, es gibt rhythmischeres Singen, manchmal gibt es auch schräges Singen und nicht unbedingt weiß man, was einen schneller in die vertiefte Meditation führt. Dinge kommen, Dinge gehen, unterschiedliche Geschwindigkeiten. Es heißt manchmal: „Go with the flow. Gehe mit dem Fluss.“ Natürlich heißt das auch nicht, dass wir einfach nur mitschwimmen, sondern manchmal werden wir geführt und manchmal führen wir auch. So ähnlich wie im klassischen Partnertanz, wo mal der eine führt… Gut, ich glaube, klassisch führt immer nur einer, aber mein Tanztee ist schon lange her. Aber ich glaube, heute ist ein bisschen mehr Gleichberechtigung. Das habe ich irgendwo mal gelesen, dass man versucht, diese Gesellschaftstänze an moderne Gepflogenheiten anzupassen und dann führt mal der eine und dann führt mal die andere. Und so ist es auch im Leben. Manchmal können wir selbst aktiv etwas beeinflussen und manchmal können wir nur mittanzen. Und so symbolisiert dies der Shiva Nataraja. Und auf dem Shiva Nataraja sieht man oft so einen, auf dem der Shiva tanzt. Das kann man zum einen so deuten, da ist das höchste Selbst, auf dem tanzt Shiva. Eine Möglichkeit. Das ist z.B., wenn man sieht, Kali tanzt manchmal auf Shiva. Da ist nicht Shiva, der tanzt, sondern Kali tanzt. Das ist dann der kosmische Tanz der kosmischen Mutter auf dem höchsten Bewusstsein. Oder eben Shiva darauf. Oder, eine andere Deutung ist, wenn wir nicht mit Shiva tanzen, dann tampelt er auf uns rum. Auch da haben wir eine gewisse Wahlfreiheit: Wollen wir getreten werden oder mittanzen?
Fortsetzung folgt –
Niederschrift eines Mitschnittes eines Vortrags mit Sukadev Bretz. nach Meditation und Mantra-Singen im Rahmen eines Satsangs bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Hier einige Weiterführende Links:
Ø Kirtan – Mantra-Singen: Mit Videos und mp3 Audios, alles kostenlos