Viele Menschen im Westen mit christlichem Hintergrund finden es schwer, ihren christlichen Glauben mit dem Singen von Mantras zu verbinden. Es ist wie eine Art Spagat durch zwei verschiedene Welten: Auf der einen Seite werden sie angezogen von der Wirkung der Mantras. Das Singen von Mantras öffnet das Herz, macht Gott erfahrbar. Andererseits sind manche geprägt von Aussagen wie: „Niemand kommt zum Vater als durch mich“. „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“. Außerhalb des Spirituellen ist das Mischen von Kulturen heute kein Problem mehr: Menschen essen Pizza (italienisch), Reis (indisch), Pfirsisch (chinesisch), Kartoffeln (Südamerika). Du liest das hier vermutlich auf einem Computer, mit Plastikteilen aus Öl aus Arabien, mit Metallen aus Afrika, mit seltenen Erden aus China, Einzelteile produziert aus China, nach Vorgaben amerikanischer Ingenieure indischer Herkunft, zusammengesetzt und/oder verkauft in Europa. Bei fast allem haben Menschen akzeptiert, dass die Welt ein globales Dorf geworden ist. Nur bei Religion haben viele Schwierigkeiten, sich aus verschiedenen Traditionen zu inspirieren.
Warum eigentlich? Christentum ist ja auch eine Entwicklung, ein Zusammenspiel verschiedener Kulturen: Die Juden hatten in der babylonischen Gefangenschaft mesopotamische Gedanken übernommen, in der ägyptischen Gefangenschaft ägyptische Gedanken, in hellenistischer Fremdherrschaft (Seleukiden, Ptolemäer, Antiochiden) griechische Philosophie. Jesus ist aufgewachsen in einem Milieu kultureller und religiöser Vielfalt. Paulus war römischer Staatsbürger. Die Kirchenväter haben römisches Organisationstaltent und griechische Philosophie mit den Lehren von Jesus Christus und dem Judentum verbunden. Und als das Christentum nach Frankreich, England und Europa kam, wurde auch keltisches und germanisches Gedankengut aufgegriffen.
Ist die Verbindung Christentum und Mantras wirklich ein so großer Spagat? Es müsste nicht so sein. Jeder kann sich aus verschiedenen Richtungen inspirieren.